Höchstens vier Wochen ist es her, da hatte ich hier noch das engelhafteste kleine Zauberzuckermädchen der Welt um mich herumflattern.
Morgens putzte sie fröhlich ich ihre Zähne, räumte später ihr Frühstücksbrettchen wie selbstverständlich weg.
Mittags aß sie ihren Teller auf und ging widerstandslos zum Mittagsschlaf in ihr Zimmer. Nachmittags malte und las sie.
Abends konnte man sie nach einer langen Kuschel- und Vorleserunde mit gutem Gewissen alleine in ihrem Bettchen lassen.
Wo ist dieses engelsgleiche Wesen, heute?
Und warum habe ich jetzt den Wutkönig in Person zu Hause?
Hier wird schon morgends in voller Lautstärke gebrüllt:
ich will aber nicht aufstehen,
ich will aber nich meine Zähne putzen,
du sollst aber auch nicht meine Zähne putzen,
ich will nicht auf Toilette,
(meist gefolgt von einem
: Mama, meine Unterhose ist ganz nass, ich hab Pipi gemacht)
Ich kann meine Hose nicht alleine anziehen, du musst das machen,
nein, du sollst aber meine Hose nicht anziehen.
Ich willl nicht, Ich mag nicht, Ich kann nicht. Immer in Begleitung von Unmut und Unzufriedenheit.
Und direkt im Anschluss an einem von mir ausgesprochenem "Nein" wird diskutiert:
Nein, du kannst jetzt leider nicht rutschen, die Rutsche ist pitschenass!
Aber, ich will nur ein einziges Mal" (nach dem einzigen Mal, sind es immer noch mindestens fünf weitere "einzige Male"!
Nein, du darfst nicht auf den Tisch malen, dass geht nicht wieder runter!
Aber ich male nur ein paaaar Striche!
Nein, du sollst keine Löcher in deinen Pullover schneiden, dann ist der kaputt!
Aber ich schneide nur ein paar gaaanz tleine Löcher!
Nein, du sollst dein Essen nicht runterschmeißen. Du sollst es essen.
Aber ich schmeiße doch nur ein ganz bisschen runter!
Puh! Das ist anstrengend! Tief im Inneren auch ein wenig lustig, so dass ich manchmal in während unserer Diskussionen bald in hemmungslosem Gekichere ausbreche. Aber hauptsächlich ist es doch anstrengend.
Meine Nerven hängen am sagenumwobenen seidenen Faden.
Ich höre mich typische Elternsprüche aufsagen:
"Kein -aber-!
"Ich will jetzt nicht mehr mit dir diskutieren"
"Du hast jetzt die letzte Chance, ich zähle bis drei!"
Ich führe imaginäre Gespräche mit dem Christkind und dem Nikolaus, um im Beisein des Zuckermädchens von den aktuellen Begebenheiten zu berichten. Ich erkläre Konsequenzen und drohe mit kleineren Verboten. Ich im Stress und sie im Trotz schauekeln wir uns gegenseitig hoch. Und manchmal verlasse ich türenknallend den Raum!
Ist das jetzt die sagenumwobene Trotzphase? Oder ist das schon Pubertät?
Und jetzt? Schreien lassen? Zurück schreien? Ruhig bleiben? Rausgehen? Da bleiben?
Bin ich jetzt der Trotzkopf? Oder doch sie?
Ich versuche ihr zu erklären, warum sie gerade wütend ist, warum auch ich wütend werde und nehme sie in den Arm. Auch haben wir uns mittlerweile darauf geeingt, dass sie keinen Mittagsschlaf mehr machen
muss, dafür aber eine Stunde früher ins Bett geht. Wir versuchen einen Mittelweg zu finden. "Kompromiss" und "Alternative" sind unsere neuen Lieblingswörter.
Manchmal klappt es so, manchmal nicht. Und machmal, nach einem ganzen Tag in einem wilden Szenario aus Wutanfällen und Bockigkeiten, da fehlt auch mir die Kraft zum Diskutieren…
Naja... da müssen wir wohl durch! Wie all die anderen Eltern auch!
Und doch malt sie mir abends noch einen Liebesbrief, kuschelt sich auf dem Sofa an mich und nimmt abends mein Gesicht in beiden Hände unds sagt:
Ich lieb' dich und du mich auch!
Manchmal glaub ich, sie ist noch ein ganzes Stückchen weiser, als ich....
Wie reagiert ihr in solchen Situationen?
Lieblingsgrüße!